XXVII Rubikon
Das Löwenbanner Ruandors und das Sonnenbanner Imreachs wehten gemeinsam an der Spitze des Zuges. Es war ein leichter Wind aus dem Nordwesten, der sie entfaltet hatte. Ein verspielter Wind, der in kleinen sanften Böen kam. Es war angenehm, ihn auf der Haut zu fühlen. Die Temperaturen waren bereits sehr sommerlich geworden. Die verschiedenen Einheiten folgten unter eigenen Bannern. Aus Imreach war fast nur Reiterei gekommen. Doch Ruandor hatte auch einiges an Fußtruppen.
Fürst Ludovik hatte vorgeschlagen gehabt, auch ein Banner für den Regenten anfertigen zu lassen. Der Anfertigung hatte Ciaran zugestimmt. Doch hatte er es strikt untersagt, es zu entfalten. In Corimac würde es gut sein, das Banner zu haben. Doch noch war er vielen der Fürsten nicht begegnet und wollte ihre Anerkennung nicht vorwegnehmen. Zumindest hatte er das Ludovik so auseinander gesetzt, und der Fürst hatte widerstrebend zugegeben, dass es als Höflichkeit verstanden werden würde. Doch in Wirklichkeit war der Ritter nicht besorgt wegen der Fürsten. Seine einzige Sorge galt Estohar und der Tatsache, dass ja auch wirklich nicht er sondern Dorban von Tairg der designierte Regent war. Das würde es ihm – der Wahrheit zuliebe – unmöglich machen die Anerkennung einzufordern. Er würde argumentieren und begründen müssen. Er versuchte, möglichst wenig daran zu denken.
Abgesehen davon war der Ritt nach Norden eine der besten Zeiten seines Lebens. Mit Fürst Ludovik und Fürstin Halis fühlte er eine tiefe Verbundenheit, in Bezug auf den Fürsten war es eine gegenseitige staunende Bewunderung. Mit der Fürstin war es manches Mal, als sei ihr Altersunterschied vertauscht und sie sei eine etwas jüngere Lieblingsschwester. Er und Halis brauchten nie viele Worte, um einander zu verstehen.
Bereits in Ruandor hatte er sein durch die Umstände der vergangenen Monate lange nicht praktiziertes Kampftraining wieder aufgenommen. Die Strapazen hatten seine Kondition nicht schlechter werden lassen. Doch Schnelligkeit und Gewandtheit erforderten immer wieder neue Bemühungen. Ludovik war gekommen, um ihm dabei eine Weile zuzusehen, aber er hatte es abgelehnt, sich selbst zu beteiligen. „Selbst zur Übung würde ich es nicht über mich bringen, das Schwert gegen Euch zu ziehen“, hatte er erklärt. „Mein Verlangen, Euch als den zu ehren, der Ihr seid, wird nur durch die Freude, Eure Freundschaft zu haben, zurückgehalten.“
Halis hatte keine derartigen Vorbehalte. Sie nahm die Einladung ein paar Mal lachend an. Sie war ein guter Gegner, aber gewann letztendlich keinen ihrer Fechtgänge, bis sie vorschlug, es einmal zu Pferde zu versuchen. Da zeigte sich die Überlegenheit ihrer langjährigen Erfahrung. Hinzu kam, dass Ciarans Fuchs sich erst an die dazu nötigen Manöver gewöhnen musste. Anfangs war er sehr aufgeregt dabei. Ciaran war sehr erfreut über die Übung, bisher hatte er zu wenig Möglichkeit gehabt, diese Kampfart zu trainieren. Sie bekamen dabei einige Zuschauer. Insbesondere Ildika und Alrik ließen sich diese Begegnungen nie entgehen.
Alrik war mehr als entrüstet, dass er in Ruandor zurückbleiben musste. Es tröstete ihn wenig, als sein Vater ihm sagte, dass er damit auch für die Verteidigung Ruandors zuständig sei. Ildika dagegen strahlte von morgens bis abends über das ganze Gesicht, sobald sie erfahren hatte, dass sie mitkommen würde. Sie ritt nicht mit ihrem Vater und dem Regenten an der Spitze des Zuges, sondern hatte die Verantwortung für eine kleine Abteilung übertragen bekommen. Sie war entschlossen, ihre Aufgabe gut zu meistern. Halis gehörte in der Theorie zur Gruppe an der Spitze, doch sie gesellte sich meist nur auf relativ kurze Zeit zu ihnen. Meist war sie zwischen den verschiedenen Mannschaften aus Imreach unterwegs. Alles andere wäre eine Beleidigung für ihre Gefolgsleute gewesen, erklärte Ludovik, sobald Halis sie zum ersten Mal verlassen hatte. „Sie sind zurückhaltend und stolz, und verlangen die Aufmerksamkeit ihrer Herrscher“, sagte er.
„Erwarten sie dann nicht auch meine Aufmerksamkeit?“, erkundigte Ciaran sich daraufhin nachdenklich.
„Nicht in gleichem Maße“, meinte Ludovik. „Doch in begrenztem Umfang würden sie sie sicherlich zu schätzen wissen.“
Ciaran sprach Halis bei nächster Gelegenheit darauf an. Sie nickte. „Imreach hält sich für sich selbst. Und jeder würde es als ungehörig betrachten, Euch in irgendeiner Weise aufzufordern zu kommen. Selbst ich. Aber Ihr wärt willkommen.“
Also begleitete er sie am Nachmittag des ersten Tages bei ihren Aufgaben. Er wäre schon früher mit ihr geritten, doch sie hatte ihm bedeutet, das würden die Imreacher als Unhöflichkeit gegenüber seinem Gastgeber Ruandor auslegen. „Es wäre anders, wärt Ihr nach Cerath gekommen. Dann müsste mein Bruder uns wohl als Gast aufsuchen, um Euch sehen zu können.“ Sie lachte belustigt. „Gut, dass es anders gekommen ist. Ludovik wäre ständig zerrissen zwischen seinen Pflichten und seinem Herzen.“ Bevor sie die Truppen aus Imreach erreichten, warnte sie noch. „Erwähnt Erendar besser mit keinem Wort. Der Name wird in Imreach nicht gerne gehört!“
Ciaran war sehr gespannt, die Männer aus Imreach zu sehen. Bis dahin kannte er sie nur aus Gerüchten und hatte sie selbst in Ruandor fast nur von weitem gesehen. Die einzige Ausnahme war Lord Tarbhan, der seine Fürstin mit einigen seiner und ihrer Gefolgsleute in die Festung Ludoviks begleitet hatte.
Fast alle, die aus Imreach kamen, waren von der Sonne braun gebrannt, aber einige hatten auch von Natur aus dunklere Haut. Die Augenfarben variierten von hellem Blau bis zu dunklem Braun, das fast schwarz war. Nur helle Haare schienen eine Rarität unter ihnen zu sein. So verschieden sie sonst waren, ihr Verhalten hatte offensichtlich die gleiche Prägung: eine sehr starke Zurückhaltung nicht nur gegenüber Fremden sondern auch im Umgang miteinander. Ihre Art zu sprechen rief sofort die Erinnerung an Patris wach, ganz so wie die hohe Meinung, die jeder von sich selbst zu haben schien.
Halis schloss sich zunächst Lord Tarbhan und ihrem Heerführer Lord Tíogar an. Die Lords grüßten beide wortlos mit einem knappen Senken des Kopfes. Tíogar betrachtete den Regenten kurz mit scharfen dunklen Augen, bevor er den Kopf wieder nach vorn wandte. Sein Alter war schwer einzuschätzen. Vielleicht Anfang vierzig, vermutete Ciaran. Sie ritten eine Weile schweigend miteinander. Nach einer Viertelstunde verließ die Fürstin sie. Sie nickte Ciaran nur kurz zu und ließ ihr Pferd zu einer weiteren Gruppe zurückfallen. Der Ritter betrachtete Tíogar seinerseits eine Weile, bevor er in die Luft vor sich bemerkte. „Ich bin Ciaran.“
Tíogar wandte ihm kurz den Kopf zu, ein aufmerksamer Blick, bevor er sagte. „Ich bin Tíogar. Ich bin Heerführer von Imreach.“
Ciaran lächelte kurz, ohne ihn anzusehen. „Es sieht derzeit aus, als sei ich Heerführer von Abhaileon.“
Der Lord lächelte ebenfalls kurz und andeutungsweise. „Wie schnell ist er?“ fragte er dann mit einem Nicken auf den Fuchs.
„Sehr schnell“, antwortete Ciaran. „Wir haben gerade eine weite Fläche vor uns.“
Tíogar tauschte einen Blick mit Tarbhan. Er wandte den Kopf leicht nach hinten, und der andere nickte in der gleichen Art. Dann ließ der Lord seinen zimtfarbenen Hengst unvermittelt in Galopp fallen. Ciaran brauchte fast nicht selbst zu reagieren. Doitean war nie besonders erfreut, ein anderes Pferd an sich vorbeilaufen zu sehen, und diesen Rivalen hatte er schon von Anfang an misstrauisch beäugt. Er sprang sofort mit einem Satz vorwärts. Ciaran musste ihm nur die Zügel lassen und sich selbst mehr nach vorne beugen.
Bisher hatte er den Fuchs noch nie zu vollem Lauf angetrieben. Sie jagten über die weite Grasfläche, die sich von der Straße weg nach Westen erstreckte. Es dauerte nicht lange, bevor der Fuchs den Vorsprung des anderen Pferdes aufholte und langsam und stetig begann, an ihm vorüberzuziehen. Tíogar schien nur darauf gewartet zu haben. Jetzt erst fing er an, seinen Hengst anzuspornen. Doitean ließ ein empörtes Schnauben hören und begann sich noch mehr zu strecken. Wieder arbeitete er sich stetig nach vorn. Sie hatten fast den fernen Waldrand erreicht, als Ciaran zuerst gegen den heftigen Widerstand des Fuchses die Zügel anzog. Der andere Reiter verlangsamte ebenfalls.
„Tückisches Gelände hier“, bemerkte der Ritter. „In der Wüste wäre es besser.“
„Manchmal gibt es Treibsand“, bemerkte der Lord. Er lachte. „Ihr kennt unsere Art. Woher?“
„Ein Freund“, sagte Ciaran. „Ich erkannte es wieder. Er sprach nicht davon.“
Tíogar lächelte wieder. „Hört sich an, wie einer von uns. Regent.“
Sie ließen die Pferde langsam zurückgehen und ließen den Rest der Truppen an sich vorüber ziehen. Der Lord aus Imreach kommentierte es kurz, wenn bedeutendere Männer aus seiner Truppe darunter waren. Dann überholten sie den Zug allmählich von der Seite her und tauschten ein paar Grüße aus. Tíogars Akzeptanz des Regenten schien sich den anderen unmittelbar mitzuteilen. Sie brauchten ganz offenbar nicht viele Worte dort in Imreach.
Das hieß aber nicht, dass sie gar nicht redeten. Am Abend gab es viel Lachen und Singen an ihren Feuern.
Ciaran ging manchmal zu ihnen hinüber. Jedoch nicht an diesem ersten Tag. Da kehrte er zu Ludovik zurück, kurz bevor sie die Lager aufschlugen. Ludovik lächelte: „Ich hörte, Ihr habt Euch bewährt. Wie stets und in allem. – Halis sagte, sie habe Tíogar selten so eingenommen von einem Fremden gesehen.“
„Es war nicht schwierig“, meinte Ciaran. „Sie sind sehr unmittelbar dort in Imreach. Einfache Regeln. Wie überall unter Kämpfern.“
Ludovik schüttelte den Kopf. „Was genau habt Ihr gesagt und getan?“ Er lächelte entschuldigend. „Wenn ich fragen darf?“ Ciaran erzählte es. Bewunderung stieg in Ludoviks Augen. „Kein Wunder, dass Ihr Tíogars Zuneigung gewonnen habt!“ sagte er dann. „Sie schätzen Bescheidenheit bei kompetenten Führern dort in Imreach.“
„Erklärt mir, was ich getan habe“, sagte Ciaran. „Ich wüsste nicht, was daran so jenseits der Norm gewesen sein sollte.“
„Genau das ist noch ein Punkt dabei“, entgegnete Ludovik, „Ihr macht das aus Eurem Herzen heraus; es ist kein diplomatischer Kniff bei Euch.“ Ciaran blickte ihn immer noch abwartend an, also fuhr er fort. „Ihr stelltet Euch nur mit Namen vor, obwohl Euer Rang höher ist. Dann bezeichnetet Ihr Euch nicht als Regent, sondern als Heerführer, wie er selbst, habt Euch auf eine Herausforderung wie unter Gleichrangigen eingelassen und als Ihr am Gewinnen wart, Euer Pferd zurückgenommen, so dass es unentschieden ausging. – Tíogar wird Euch das nicht vergessen. Im einen habt Ihr ihm Ehre gegeben, und im letzten seine Ehre gewahrt.“
Ciaran streichelte nachdenklich den Hals seines Fuchses. „Vielleicht ist es der Segen des Fürsten von Alandas, der derzeit alles, was ich tue, zu meinen Gunsten ausfallen lässt. Ich habe mir wirklich kaum etwas dabei gedacht.“ Er blickte wieder zur Seite auf den Fürsten. „Ich werde Eure Hilfe sehr brauchen, um solche Dinge zu lernen. Ich habe nie die Erziehung bekommen, um ein Herrscher zu sein.“
„Es scheint nicht, dass Ihr viel Beratung braucht“, antwortete Ludovik. „Doch wo immer ich Euch dienen kann, tue ich es gerne.“
Das Wetter war an diesem wie auch an den folgenden Tagen fast gleichbleibend schön und sonnig geblieben. Die wenigen und kurzen Regenschauer hatten sich fast ausschließlich auf die Nächte beschränkt. Ohne Aufenthalte oder besondere Vorkommnisse erreichten sie so das Gebiet, in dem sich der Weg nach Croinathír im Nordwesten von dem nach Corimac in Nordosten trennen musste. Noch zwei Wochen würden sie benötigen, um die Nordberge dort zu erreichen.
Es ging bereits auf den Abend zu, und Ludovik hatte einen kleinen Trupp vorausgeschickt, um die Umgebung des diestägigen Lagerplatzes genauer erkunden zu lassen, als einer der Vorreiter Meldung erstattete. Sie waren im Wald unweit der Straße auf zwei verwildert aussehende Fremde gestoßen. Trotz ihres Aussehens behaupteten die beiden Ritter zu sein und verlangten, einen der Führer zu sprechen.
„Dann lasst sie zu uns bringen“, sagte der Fürst gutmütig. „Ihr habt sicherlich die weitere Umgebung überprüft?.“
„Alles ist sicher“, bestätigte der Reiter.
„Vielleicht sollten wir ihnen entgegenreiten“, schlug Ciaran vor. „Sie könnten wichtige Nachrichten haben.“
„Wie Ihr wünscht“, antwortete Ludovik. „Eine kleine Abwechslung kann nicht schaden.“
Sie folgten dem Reiter und erreichten nach etwa zehn Minuten im leichten Trab die Stelle, wo zwei andere der ruandorischen Vorreiter mit den Fremden warteten. Ihre Kleidung schien aus Lumpen und grob bearbeiteten Fellen zu bestehen, sah aber sauber aus. Der Bart des etwas älteren breitschulterigen Hünen, der sie mit verschränkten Armen erwartete, war nicht ungepflegt. Der andere jüngere schien unter seinem Fellumhang ein Schwert zu tragen. Dies war, wie es schien, mit Ausnahme eines kleinen Messers mit einer Steinschneide am Gürtel des Bärtigen und einem grob geschnitzten Bogen, den dieser ungespannt trug, ihre einzige Waffe.
Ludovik zügelte seinen Braunen vor ihnen. „Ihr verlangtet nach einem der Führer“, sagte er, „hier bin ich.“
Der Bärtige wollte den Mund öffnen, aber der jüngere – vielleicht wirkte er auch nur deswegen so viel jünger, weil er rasiert war – berührte ihn leicht am Arm und erhielt den Vortritt. Er hatte scharf blickende graue Augen.
„Mein Name ist Béarisean“, sagte er, „und mein Gefährte heißt Dorban. Wir sind in dringender Angelegenheit unterwegs in die Hauptstadt und haben durch widrige Umstände unsere Pferde und unsere Ausrüstung verloren. Wir wären Euch sehr dankbar, wenn Ihr uns neue Reittiere zur Verfügung stellen könntet.“
Der Mann sprach wie jemand, der aus den oberen Schichten stammte. Doch Ludovik zögerte. „Habt Ihr Beweise, warum ich Euch vertrauen sollte?“
„Nur einen“, begann der Fremde, „möglicherweise erkennt Ihr ihn an, da Ihr aus Ruandor seid.“ Er wollte seinen Mantel zurückschlagen.
„Wir werden keine Beweise brauchen“, unterbrach Ciaran. Er schwang sich vom Rücken seines Pferdes und verbeugte sich tief vor dem Wortführer der beiden, bevor er sich umwandte und sagte: „Fürst Ludovik, dies ist Lord Béarisean von Sliabh Eoghaí.“
Ludovik sprang noch schneller von seinem Reittier herab als der Ritter. Er ließ sich vor Béarisean auf ein Knie nieder. „Nehmt mein Pferd, Herr“, sagte er, die Zügel noch in der Hand. „Mein Tag ist gesegnet, dass ich einem weiteren der Ritter des Königs begegne.“
„Fürst Ludovik?“, sagte der Ritter. Er sprach den Namen wie eine vorsichtige Feststellung mit einer kleinen Frage darin, „Wir sind gesegnet, gerade Euch zu begegnen. Erhebt Euch! Ich danke Euch für Euer Angebot, doch werdet Ihr sicher noch andere Pferde für uns haben als Euer eigenes.“ Er wartete ab, bis der Fürst wieder aufgestanden war und fügte dann hinzu. „Ihr spracht von einem weiteren Ritter des Königs?“
„Ihr werdet mich wohl nicht wiedererkennen“, antwortete Ciaran anstelle des Fürsten. „Wir begegneten uns nur sehr kurz. Doch trage ich jetzt das Smaragdschwert.“
Béarisean runzelte kurz die Stirn. „Hauptmann Ciaran aus Croinathír?“ fragte er dann.
Ciaran nickte. Béarisean machte einen Schritt auf ihn zu und ergriff seine rechte Hand mit beiden Händen. „Wirklich ein gesegneter Tag“, sagte er. „Wir werden viel zu besprechen haben.“ Trotz allem war ihm auch etwas anzumerken, das wie Enttäuschung aussah.
„Wo ist Herr Anno?“ fragte Ciaran. „Ihr habt Euch getrennt?“
„Wir wurden getrennt“, bestätigte der Lord von Sliabh Eoghaí. „Das war weit im Osten von hier. Ich hoffte, Botschaft von ihm zu hören.“ Er senkte kurz den Kopf. Es war offensichtlich, dass er bekümmert war.
„Euer Begleiter“, sprach Ciaran weiter. „Ist dies Dorban von Tairg?“
Béarisean nickte. „Dies ist Dorban von Tairg.“
Ciaran wandte sich dem Lord von Tairg zu. „Ich grüße Euch“, sagte er. „Lord Orla wird sehr erfreut sein, zu hören, dass Ihr lebt.“
Dorban maß ihn mit einem abwägenden Blick. „Ihr seid also Dalinianer?“ stellte er fest. „Ihr seid Orla begegnet?“
„Vor nur wenigen Wochen“, bestätigte Ciaran. „In Dalinie befürchtet man, Ihr seid tot.“
„Es hat nicht viel daran gefehlt“, sagte Dorban. Sein Blick wanderte unwillkürlich zu Béarisean, der jetzt seinen Umhang zurückgeworfen hatte, so dass man deutlich das saphirbesetzte goldene Schwert an seiner linken Seite sah.
Fürst Ludovik hatte unterdessen nach Pferden geschickt und trat jetzt wieder zu ihnen. „Wir werden bald unseren Lagerplatz für diesen Abend erreichen. Erweist mir die Ehre, mit uns zu reiten.“ Er verbeugte sich leicht vor Dorban. „Willkommen, Lord von Tairg.“ Dorban erwiderte die Höflichkeit.
„Ich habe bereits Anweisungen gegeben“, fuhr Ludovik dann fort, „dass am Lagerplatz alles für Euren Empfang gerichtet wird. Wollt Ihr am heutigen Abend meine Gäste sein?“
„Wir nehmen dankend an“, sagte Béarisean. „Doch am nächsten Morgen müssen wir eilends weiter. Was wisst Ihr davon, wie es in der Hauptstadt steht? Ist Estohar über die Gefahr unterrichtet?“
„Das ist er“, antwortete Ludovik. „Und die Heere treffen sich bei Corimac.“
„Die Heere“, wiederholte Béarisean. Er hörte sich erleichtert an. „Dann steht es besser, als ich schon befürchtet hatte. In diesem Fall finden wir wohl auch Estohar auf Corimac?“
„Vermutlich“, der Fürst lächelte. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er einem Befehl des Fürsten von Alandas nicht nachkommen würde.
Béarisean lächelte ebenfalls. „Das ist vollkommen unvorstellbar. – In diesem Falle: Würdet Ihr uns gestatten, uns Euch bis Corimac anzuschließen? Der Weg dorthin dürfte nicht ganz ungefährlich sein, und ich möchte keine weiteren unnötigen Risiken eingehen.“
„Ich werde äußerst geehrt sein“, sagte Fürst Ludovik.
„Ludovik, würdet Ihr uns eine Weile entschuldigen?“ bat Ciaran. „Da wäre eine dringende Angelegenheit, die ich mit Lord Sliabh Eoghaí besprechen muss.“
Der Fürst war etwas verwundert aber stimmte sofort zu.
„Ich muss Euch allein sprechen“, sagte Ciaran zu Béarisean.
Béarisean fragte sich, was so wenig Aufschub duldete, aber er folgte dem anderen Ritter zur Seite. „Worum geht es?“ erkundigte er sich neugierig.
„Um dies hier“, antwortete Ciaran leise und hob seine linke Hand mit dem Siegelring höher, „und um Euren Begleiter. Ich nehme an, Fürst Ríochan sprach mit Euch darüber?“
„Ja“, sagte Béarisean vorsichtig und ebenfalls sehr gedämpft. „Es gab da Pläne, über die nicht gesprochen werden sollte. Wisst Ihr von Änderungen?“
„Ich weiß überhaupt sehr wenig“, sagte Ciaran. „Ihr könnt kaum ermessen, welche Erleichterung es für mich ist, Euch zu begegnen. Doch Fürst Ríochan gab mir diesen Ring, damit ich ihn trage, bis es an der Zeit ist, ihn weiterzugeben. Ist es das?“
Béarisean zögerte eine Weile. Schließlich sagte er: „Ich denke nicht, dass es jetzt an der Zeit ist.“
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