Sonntag, 11. September 2011

Kapitel 28.2


Die Sonne stand schon tief, als sie die Gegend erreichten, wo die Abhaileoner sich sammelten. Ein kleiner Strom, der von den Bergen herabkam hatte dort in einer Senke einen flachen See entstehen lassen, an dessen Ufer vereinzelte Bäume standen. Zwei weitere Quellen entsprangen in den flachen Hügeln in der Nähe. Halis und Ludovik warteten ab, bis eine geeignete Stelle für ihre Lager gefunden worden war, bevor sie aufbrachen. Als sie das große Zelt erreichten, in dem die Versammlung stattfinden sollte, war es bereits dunkel. Sie vermuteten, dass jetzt alle anwesend sein würden.
Béarisean hielt Ciaran zurück, als sie abgesessen waren und Diener die Pferde wegführten. „Wir kommen als letzte“, flüsterte er ihm zu. „Rafe, ich fürchte, Ihr werdet vor dem Zelt warten müssen“, setzte er dann halb scherzend hinzu. „Soweit ich weiß, sind nur die Landesfürsten und andere wichtige Führer zugelassen.“
Der Lord von Muine lachte. „Damit hatte ich schon gerechnet, Lord Béarisean.“ Seine Augen glitten wieder neugierig auf das mit den blauen Steinen besetzte Schwert. „Meine Ambitionen reichen nicht ganz so hoch.“

Dorban zögerte. „Ihr solltet ursprünglich Heerführer werden“, erinnerte Ludovik und zog ihn mit sich. Das Zelttuch des Einganges wurde vor ihnen zurückgeschlagen und sie traten mit Halis ein. Ludovik ließ einen schnellen Blick über die Versammelten gleiten. Die Fürsten aus dem Westen und Norden schienen ziemlich vollzählig da zu sein. Er sah auch Orla und einen ihm unbekannten jungen Mann in den Farben von Sailean. Da waren zwei Vertreter der Stadt Croinathír und zwei aus dem Obersten Rat und natürlich Estohar. Die meisten standen  in kleinen Gruppen zusammen und unterhielten sich. Nur Estohar hatte mit den vier Ratsmitgliedern auf einem der Diwane an der Rückwand des Zeltes gesessen. Jetzt erhob er sich, und alle Gespräche verstummten. Jeder Blick war auf den Eingang gerichtet.
„Fürst Ludovik!“ grüßte der Ratsvorsitzende. „Fürstin Halis!“ Er zögerte kurz. „Herr Dorban von Tairg?“ Der Lord nickte.
„Willkommen“, sagte Estohar. Aber sein Blick ging unter Stirnrunzeln zurück zum Zelteingang. „Hieß es nicht, Ihr kämt nicht alleine?“
„Das stimmt“, antwortete Ludovik in die gespannte Stille. „Ruandor und Imreach wurde große Ehre zuteil. Zwei der Ritter des Königs begleiteten uns auf dem Weg hierher. Lasst sie uns empfangen, wie es ihnen zusteht!“ Er drehte sich um und blickte auf den Zelteingang.

Béarisean nickte Ciaran zu und ging voran. Er legte die Hand auf den Knauf seines Schwertes. „Ehre dem König“, sagte er leise. Ciaran tat es ihm fast automatisch nach. Er blieb schräg rechts hinter Béarisean stehen. Dieser hatte sich nicht verkalkuliert. Ciaran selbst konnte es nicht sehen, doch die Reaktion der Anwesenden verriet alles. Es waren nur Stehlampen, die das Zelt erhellten, aber ihr Licht brach sich hell um die Ritter und schien den Raum um sie zu erfüllen.
„Ehre dem König!“ sagte Ludovik laut und klar wie eine Deklaration und kniete nieder. Halis folgte ihm wie ein helleres Echo. Sie zog Dorban, der zwischen ihnen stand, einfach mit sich. Der Lord wagte es nicht, sich vor den Augen aller zu sträuben. Estohars laute Stimme schloss sich an und nach ihm alle übrigen, einer nach dem anderen. Einige zögernd, doch alle waren wie gebannt von diesem fast magischen Moment unter dem blitzenden Blick des Ritters mit dem Saphirschwert und dem ernst fragenden Blick des Ritters mit dem Smaragdschwert.
Béarisean wartete, bis keiner mehr stand, bevor er sein Schwert herausgleiten ließ, selbst niederkniete und die Worte  noch einmal wiederholte, diesmal laut und mit Leidenschaft. „Ehre dem König!“ Das Licht, das sich auf ihren Klingen brach, war hell wie der Tag. Béarisean verbeugte sich tief, bevor er wieder aufstand. „Ich bin froh zu sehen, dass der Name des Königs wieder geachtet wird in Abhaileon“, sagte er, als alle wieder standen. In seiner Stimme lag eine gewisse Schärfe.
Ein paar der Fürsten hatten genug Schuldbewusstsein, um den Blick zu senken. Andere sahen ihn etwas unwillig an, wieder andere verzogen keine Miene. Ciaran sah die Leidenschaft auf Finns Gesicht und Orlas Lächeln, als dieser auf ihn blickte.

Estohar hatte nur Augen für Béarisean. „Willkommen, Herr von Sliabh Eoghaí“, sagte er mit mühsam beherrschter Emotion. „Seit Eurer Rückkehr nach Abhaileon hat sich vieles zum Guten gewendet. Ich bin stolz Euch hier begrüßen zu können, inmitten der Streitmacht Abhaileons!“ Ein paar der Anwesenden machten einen recht selbstzufriedenen Eindruck, als er die Truppen erwähnte. „Es wird gut sein, Abhaileon wieder unter dem Drachenbanner geeint zu sehen.“
Béarisean schüttelte leicht den Kopf. „Nicht unter dem Drachenbanner“, sagte er. „Ich bin hier als Botschafter für Fürst Ríochan von Alandas. Das Siegel des Regenten ist Herrn Ciaran anvertraut.“ Er wandte sich zu dem anderen Ritter hin.
Estohar blieb keine andere Wahl, als sich auch Ciaran zuzuwenden. Sein Mund wurde hart und sein Kiefer verspannte sich etwas. Der Blick, den er dem Ritter zuwarf enthielt keine Freundlichkeit. Keiner der hinter ihm Stehenden konnte es bemerken, doch Béarisean nahm es sorgfältig zur Kenntnis. Es schien, Ciaran hatte nicht gerade übertrieben, in dem, was er erzählte.

Der Ritter von Tarim war sich nur zu bewusst, dass die Augen fast aller Führer von Abhaileon auf ihm und den Rittern lagen, den Rittern des Königs. Doch es fiel ihm äußerst schwer zu akzeptieren, wer es war, der da ein smaragdbesetztes Schwert trug, das dem saphirbesetzten Béariseans äußerst ähnlich sah. Natürlich hatte er es wieder und wieder gehört. Zuerst von Neill. Der Hauptmann hatte sich sehr vorsichtig ausgedrückt, hatte zuerst von der schwierigen Lage und der dann so positiven Entscheidung in Daliní berichtet, bevor er den Regenten erwähnte, der für den Durchbruch gesorgt hatte. Was er dann hinterherschickte, hatte Estohar zunächst für den Versuch gehalten, ungeschickt einen Scherz zu machen. Der Regent und Ritter des Königs – Ciaran? Neill war nur noch über seine Sätze gestolpert, aber er hatte daran festgehalten. Estohar hatte ihm untersagt, zu anderen darüber zu sprechen. Es war einfach zu abstrus gewesen. Er hatte sich überzeugen lassen, das Heer nach Corimac zu bringen. Neill schwor bei seinem Leben und allem, was ihm heilig war, dass es der Befehl des Fürsten von Alandas selbst sei, der es verlangte.
Von Ciaran war kein Wort mehr gefallen, aber nach und nach war es durchgesickert, dass es einen neuen Regenten gebe. Niemand hatte Genaueres erfahren können, bis sie fast zeitgleich mit den Männern aus Sailean auf Corimac eintrafen. Der junge Finn – Estohar hätte es vorgezogen Fürst Culath  wäre selbst gekommen – hatte sich äußerst unzulänglich und geradezu schwärmerisch über den neuen Regenten geäußert, der Sailean – ihm zufolge – vor dem Untergang bewahrt hatte. Es schien, dieser „Regent“ hieß tatsächlich Ciaran. Ciaran von Firin, um genau zu sein und war Dalinianer. Vielleicht konnte das Neills Verwirrung erklären, ein dalinianischer Lord, der dem ihnen bekannten Ciaran ähnelte und den gleichen Namen hatte. Der Rest von Finns Regentensage passte ohnehin nicht zu dem Estohar so gut bekannten abtrünnigen Hauptmann.
Doch dann war vor drei Tagen Orla mit den Dalinianern eingetroffen, und dessen Bericht war sachlich genug gewesen. Er hatte auch nicht die geringsten Hemmungen gehabt, seine Standpunkte zu vertreten. Dalinie folgte dem Regenten. Den Rat akzeptierte man um seinetwillen. Und Orla hatte genug über die Herkunft „seines Regenten“ gewusst, um diesen ziemlich klar mit dem verloren gegangenen Ciaran identifizieren zu können.
Estohar hatte es dennoch einfach nicht glauben können. Er sah aus dem Augenwinkel wie Orlas Blick zufrieden und stolz wie ein Vater auf dem ehemaligen Hauptmann der Garde ruhte. Ludovik und Halis schienen von derselben Krankheit wie Finn und Orla befallen zu sein. Das alles war ärgerlich genug. Er fragte sich, ob sich das noch je wieder richten lassen würde. Aber dass selbst Béarisean für den Deserteur sprach, erboste ihn besonders. Irgendwie hatte auch dieser sich täuschen lassen.

„Ciaran von Firin?“ sagte Estohar, seine Stimme hatte einen skeptisch-ironischen Unterton. Wohl dosiert, natürlich. Er wollte keinen Eklat vor den Fürsten.
Ciaran sah ihn gerade an. Er war unverfroren genug, nicht zu erröten, als er nicht sehr laut aber für alle vernehmlich antwortete. „Das ist mein Name.“ Nur seine Augen verrieten eine Andeutung von Unruhe.
„Wir werden das noch genauer klären“, sagte Estohar mit einer Spur von Eis in der Stimme. Frost genug für den vor ihm Stehenden, bis der Schall es zu den anderen trug, würde der Reif geschmolzen sein. Dass Béarisean es hörte, konnte nichts schaden. Vielleicht würde es ihn aus seiner Verzauberung erwecken.
Ciaran reagierte nicht wie erwartet oder gewünscht. Er trat einen Schritt vor, ohne weiter auf Estohar zu achten. Stattdessen versuchte er die anderen Versammelten mit seinem Blick zu erfassen. Er hob seine linke Hand so, dass alle den grünen Stein des Ringes daran schimmern sehen konnten. Seine Stimme war nicht besonders laut, aber voll und klar genug, dass jeder sie ohne Mühe verstehen konnte. „Dies ist das Siegel Abhaileons“, sagte er. „Falke und Bogen geschnitten in Smaragd.“ Er drehte sich etwas, damit wirklich alle einen guten Blick darauf bekommen sollten.
„Es ist das Siegel Abhaileons“, bestätigte Ludovik ruhig. „Ruandor folgt dem Regenten.“ Er verbeugte sich tief und trat näher zu dem Ritter heran.
„Es ist das Siegel Abhaileons“, erklärte Halis feierlich. „Imreach folgt dem Regenten.“ Sie stellte sich neben den Fürsten von Ruandor.
„Es ist das Siegel Abhaileons“, wiederholte Orla mit Nachdruck. „Ganz Dalinie hat dem Regenten Treue geschworen.“ Er legte eine Hand an das Heft seines Schwertes und ließ seinen Blick halb herausfordernd über die anderen Anwesenden streifen.
„Es ist das Siegel Abhaileons.“ Finns Stimme schwankte ein wenig und verriet seine Erregung, doch er stand stolz aufgerichtet. „Sailean untersteht dem Befehl des Regenten.“

Lord Diarmaid, einer der Vertreter des Rates, trat einen Schritt vor. Er hielt ein Pergament hoch. „In Eannas herrscht Krieg. Fürst Gearaid hat den Regenten nicht anerkannt. Eine Gruppe seiner Lords, die sich Bund von Edrin nennt, hat sich für den Regenten erklärt und will Gearaid nicht länger als Fürst akzeptieren. Sie werfen Gearaid vor, Hochverrat begangen zu haben, als er sich an der Person des Regenten vergriff.“
Lord Dereisha, der zweite Vertreter des Rates, hielt ein weiteres Schriftstück hoch. „Lord Ingal von Illaloe bestätigt als Kastellan von Roscrea in Vertretung des schwer erkrankten Fürsten, dass Roscrea sich Regent Ciaran von Firin unterstellt.“
Estohars Kiefer verkrampfte sich noch ärgerlicher. Beide Schriftstücke waren erst im Laufe dieses Tages eingetroffen. Er hätte es vorgezogen gehabt, sie noch zurückzuhalten. Der Aufstand in Eannas stand unter der Führung von Lassalle, das brauchte eigentlich keinen weiteren Kommentar. Und Lord Ingal hatte wohl noch höchste Mühe, die Provinz, für die er verantwortlich war, überhaupt in seine Hand zu bekommen. Zudem war er eigentlich Saileaner.

„Es liegt an den hier Versammelten, eine Entscheidung zu treffen“, sagte Béarisean. Er stellte sich direkt neben Ciaran. „Alandas gibt Ciaran von Firin die Bestätigung als Regent von Abhaileon.“
Donal, Fürst von Tireolas entschied sich als erster der Anwesenden. Er trat vor Ciaran, betrachtete kurz den Ring an dessen Hand, sah dem Mann, der ihn trug, eine Weile in die Augen und beugte die Knie, um die Treue zu schwören. Als er sich erhob, wandte er sich Béarisean zu. Er verbeugte sich mit der Hand auf dem Herzen. „Tireolas wird froh sein, dass das Drachenbanner wieder weht“, sagte er mit einem Lächeln. Er sah den Ritter abwartend an.
Béarisean nickte ernst zur Antwort. „Das Drachenbanner soll wieder wehen“, sagte er. Die Antwort erregte Aufsehen. Sliabh Eoghaí hatte es stets abgelehnt, Anspruch auf die Nachfolge von Donnacht zu erheben. „Ich bin Colins Erbe“, sagte Béarisean über das Gemurmel hinweg. „Es erscheint angemessen, dass sein Banner in dem neuen Krieg gegen den alten Feind gesehen wird.“

Estohars Gesicht erhellte sich bei diesen Worten, aber er blieb stehen, wo er war, bis jeder der anwesenden abhaileonischen Fürsten Donals Beispiel gefolgt war. Keiner von ihnen sprach von Alandas, doch manche bestätigten leise „Donnacht und das Drachenbanner“, als sie sich vor Béarisean verbeugten. Schließlich waren nur noch die Ratsmitglieder und Dorban übrig. Sie alle hatten nur den Rang von Lords und sahen auf den Ratsvorsitzenden. Estohar blieb keine Wahl. Seine Worte waren formell und sehr korrekt: „Regent, die Macht, die der Oberste Rat von Abhaileon verwaltete, liegt nun in Euren Händen.“ Er verbeugte sich. Sein Blick versprach jedoch, dass all dies noch ein Nachspiel haben würde.
Ciaran dachte fest an Ríochan und seine Verantwortung vor ihm. Er konzentrierte sich ganz auf den Blick des Fürsten von Alandas, dem er einmal begegnet war. „Herr Estohar“, sagte er, „Ihr habt dem Rat über viele Jahre hinweg gut vorgestanden. Ich bitte Euch, seid auch weiterhin sein Vertreter vor dem Regenten.“ Er nahm flüchtig wahr, dass die meisten der Umstehenden die Entscheidung gutzuheißen schienen. Nur Estohars Augen verengten sich. Er nahm mit einem wortlosen Nicken an, verbeugte sich vor Béarisean und trat zurück.

Diarmaid und Dereisha tauschten Blicke. Dereisha wollte vortreten, aber Ciaran hielt ihn mit einer kurzen Handbewegung zurück. Er sah kurz auf Dorban, wandte sich aber dann dem anderen der beiden anwesenden Dalinianer zu. „Dalinie hat schon lange keinen Fürsten mehr“, sagte er. „Lord Orla, gibt es jemanden, dessen Wahl die Lords von Dalinie zustimmen würden?“
Dorban musterte ihn ausdruckslos. Er verzog keine Miene, als Orla sagte. „Dem ist so. Der Ritter unserer Wahl ist hier anwesend. Es ist Herr Dorban von Tairg.“
Ciaran wandte sich mit einem kleinen Lächeln um. „Herr Dorban, würdet Ihr näher treten?“
Zögernd kam der Lord der Aufforderung nach. Er musterte den Regenten abwartend.
„Würdet Ihr den Titel des Fürsten von Dalinie von mir annehmen?“ erkundigte sich Ciaran ruhig.
Dorban räusperte sich. „Ja, Herr“, sagte er mit rauer Stimme.
Ciaran legte die Hand leicht auf Dorbans Schulter. „Dann, Herr Dorban, ernenne ich Euch hiermit zum Fürsten der abhaileonischen Provinz Dalinie.“ Während er sprach, war der Lord vor ihm langsam auf die Knie gesunken. Er blickte zu dem Ritter auf, Verwunderung in den Augen.
„Mein Regent“, begann Dorban zögernd. „Dalinie hat Euch bereits Treue gelobt, so soll Euch auch meine Treue und Gefolgschaft stets gehören.“ Er wandte den Kopf nach rechts. Orla war an ihn heran getreten und flüsterte ihm etwas ins Ohr, bevor er sich mit einem Lächeln und einer Verbeugung vor dem Regenten zurückzog. Dorban sah ihm mit gerunzelter Stirn nach. Dann sah er wieder zu Ciaran auf. „Mein Wort gelte als gegeben vor dem König selbst.“ Er bückte sich und küsste den Siegelring an der Hand des Regenten. Dann erhob er sich wieder und verbeugte sich vor Béarisean. „Für Donnacht und Alandas!“ sagte er.

Dorban kehrte an seinen Platz zurück, während die Ratsherren eilten, ihre Huldigungen anzuschließen. Orla trat an ihn heran und verbeugte sich knapp. „Fürst“, sagte er, „da Ihr Euren Platz im Rat eingenommen habt, werde ich nun gehen.“
Dorban legte ihm die Hand auf die Schulter. „Bleib!“ bat er mehr als dass er befahl. „Man wird dem neuen Fürst von Dalinie wohl gestatten, für das erste einen Ratgeber bei sich zu behalten. Ich weiß ja nicht einmal, was in den letzten Monaten in Dalinie geschehen ist. Mit Ausnahme von ein paar Dingen, die Rafe mir auf dem Weg hierher erzählt hat.“ Leise fügte er hinzu. „Orla, ich habe dir nie gesagt, wie sehr ich das schätze, was du alles für mich getan hast.“
Der Lord sah ihn mit einem halben Lächeln an, nickte und blieb bei ihm stehen.

„Es ist gut, Abhaileon kriegsbereit zu sehen“, sagte Béarisean, als sich endlich alle hatten setzen können. „Denn wir stehen kurz  vor der Konfrontation mit dem Schwarzen Fürsten selbst.“ Er begann allen, die Lage auseinander zu setzen. Ciaran, Dorban, Finn und Orla ergänzten, was er nicht wusste. Es wurde ein langer Bericht. Als sie alles Wichtige dargelegt hatten, erkundigte Ciaran sich nach den Kundschaftern, die sicherlich schon Richtung Carraig ausgeschickt worden waren. Doch es schien, dass bisher keiner von ihnen zurückgekehrt war.
„Wir brauchen so schnell wie möglich genaue Berichte!“ sagte Béarisean scharf.
„Ich werde mich darum kümmern“, sagte Halis. „Wir haben genug Erfahrung damit in Imreach.“
Ciaran nickte. „Das wird am besten sein. – Sind eigentlich schon alle hier versammelt? Wir brauchen jeden der Fürsten hier.“
„Jeden? Wozu das?“ erkundigte sich Estohar. Er klang auf eine undefinierbare Weise gereizt.
„Ich glaube, das sollten wir morgen besprechen“, antwortete Béarisean. „Es sei denn, es sind alle hier – außer den Vertretern von Eannas und Roscrea.“
„Vier fehlen noch“, sagte Estohar jetzt sachlicher. „Sie müssten in den nächsten Tagen eintreffen.“
„Dann beenden wir die Besprechung für heute“, entschied Béarisean. Er warf einen fragenden Blick auf Ciaran, der zustimmend nickte.
„Ohne genauere Berichte können wir ohnehin keine gute Entscheidung treffen“, sagte der Regent. „Wer gehört nun eigentlich zur Heeresführung?“
Über diesen Punkt gab es noch etwas Diskussion. Doch dann einigte man sich neben Béarisean, den Regenten und Estohar, auf Dorban, Halis, Ludovik, Donal und Ludag von Parain aus den Nordprovinzen.

Als sie aufbrachen, verabschiedete Dorban sich. Er bedankte sich bei Ludovik für die Gastfreundschaft und verbeugte sich stumm vor den zwei Rittern des Königs. Orla wartete auf ihn. Ciaran hätte gerne ein paar Worte mit dem Lord von Fuacht gewechselt, doch es war offensichtlich, dass die beiden Dalinianer Wichtiges miteinander zu besprechen hatten.
„Werdet Ihr einen letzten Abend mein Gast sein?“ fragte Ludovik. Ciaran nickte. „Vielleicht auch länger. Ich wüsste nicht, wohin ich sollte.“
„Hierher ins Zentrum“, sagte Béarisean. „Da gibt es für beide von uns keinen Weg daran vorbei. Aber es hat Zeit bis morgen.“
„Morgen“, sagte Ciaran mit einem Seufzer. Bisher war die Konfrontation mit Estohar hinausgeschoben. Doch damit würde es nun wohl bald vorbei damit sein.

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