Mittwoch, 14. September 2011

Kapitel 30.2


Ildika hatte einen Sitzplatz auf einem etwas größeren Stein gefunden, von dem aus sie die Beratung der Fürsten gut im Auge behalten konnte. Die drei Männer, die ihren Vater ebenfalls begleitet hatten, waren aus ihrem eigenen kleinen Kommando. Sie saßen in der Nähe und hatten ein Würfelspiel angefangen. Ildika spielte es selbst gerne, doch jetzt war sie Offizier und hatte Verantwortung. Mutter hatte es nicht gern gesehen, dass sie mit in den Krieg geritten war, aber Vater hatte verstanden, was es ihr bedeutete, hier nicht ausgeschlossen zu sein. Sie lächelte. Ihr Kommando. Jemand anderes hätte wahrscheinlich protestiert, dass das, was als ihr Kommando bezeichnet wurde, genauso gut als eine Art Leibwache für sie gelten konnte. Vater hatte ihr ein paar seiner erfahrensten Krieger zugewiesen. Doch das war durchaus keine Farce. Sie hatte es als Gelegenheit begriffen, wirklich etwas über die Offiziersaufgaben zu lernen. Die Männer waren absolut loyal und es gefiel ihnen, dass die Tochter des Fürsten ihre Erfahrung schätzte und darauf zurückgriff. Sie hatte sehr viel lernen können dabei, mehr als mit einem üblicheren Kommando.

Einen Nachteil hatte das Ganze allerdings. Sie bekam so gut wie nie etwas von dem Regenten zu sehen. Sie erlaubte sich nie, ihre Pflichten zu vernachlässigen, um einen Blick auf ihn zu erhaschen. Im Gegenteil, sie arbeitete so hart sie nur konnte. Denn es blieb die Hoffnung, dass sie so gut sein konnte, dass sie in seine Nähe kam. Die Gelegenheit an diesem Abend war die bisher beste dazu. Immerhin konnte sie ihn von weitem ausmachen. Näher wäre besser gewesen. Hätte es nur eine Möglichkeit gegeben, ihn wirklich lange betrachten zu können, ohne dass es auffiel. Herr Ciaran war faszinierend. Aber dazu hätte sie wohl in seine Leibwache gemusst und darum konnte sie nicht fragen. Sie wusste, wie das ausgesehen hätte. Vielleicht begleitete der Regent ja nach dem Treffen Vater.

Die Zusammenkunft endete, als das Unwetter, das von Osten herangezogen war, über sie hereinbrach. Sobald sie das erste Anzeichen sah, dass alle aufbrachen, ritt sie Vater mit seinem Pferd am Halfter entgegen. Sie grüßte, wie es ihrem derzeitigen Rang entsprach und Vater nickte lobend. Tante Halis war schon aufgebrochen. Aber Herr Ciaran und Herr Béarisean standen noch da und sprachen über etwas, als fiele der Regen nicht schon in Strömen.
„Wir können noch nicht zurück“, sagte Vater, als er aufgessessen war. „Die Heerführung muss heute abend noch beraten. Dermot von Corrugh hat sich gegen das Bündnis entschieden.“ Obwohl der Regen immer schlimmer herabpeitschte, hielt er sein Pferd zurück.
„Warten wir auf den Regenten?“ fragte Ildika. Ihr Herz klopfte schneller, auch wenn sie sich bemühte gleichgültig zu klingen.
„Nein, auf Fürst Culaths Sohn, Finn. Er wollte heute abend mit mir sprechen. Aber da ich nicht weiß, wie lange sich die Beratungen hinziehen werden, will ich lieber jetzt ein paar Worte mit ihm wechseln.“
„Er sollte sich besser beeilen“, murrte Ildika, während ein Blitz herabzuckte. Sie zählte sechs Sekunden, bis der Donner folgte.

Kurz darauf kam der Thronfolger von Sailean mit seinen Begleitern. An ein Gespräch während des Rittes war nicht mehr zu denken. Sie trieben ihre Tiere an, um möglichst schnell das Beratungszelt zu erreichen. Ildika hatte schon von Finn gehört. Ein wenig beneidete sie ihn. Wenn sie den Heerbann von Ruandor anführen würde, dann wäre sie vielleicht bei den Beratungen mit dem Regenten dabei. Nun vielleicht auch nicht. Finn war jedenfalls nicht unter den Heerführern. Vielleicht war auch er noch zu jung.
„Worum geht es denn?“ fragte Vater, als sie unter den Schutz des schweren Zeltdaches traten. Er hatte Ildika gewinkt, mit hereinzukommen, während ihre anderen Begleiter sich und die ledigen Tiere unter einem an drei Seiten offenen aber sehr großen Zeltdach in Sicherheit brachten. Einige gingen sofort daran, die Pflöcke zu verstärken an denen die heftigen Böen zerrten, andere begannen die Tiere trocken zu reiben.
Fürst Ludag und Fürst Dorban waren schon da. Ildika fragte sich, wo Tante Halis sein mochte. Finn sah sich um. „Nichts Konkretes“, sagte er ein wenig verlegen. „Wie ich schon andeutete, ich möchte einfach mehr wissen über Alandas und den König und all das. Es heißt immer, dass man in Ruandor mehr Überlieferungen hat. Nun, seit der Regent in Saile war, versuche ich dem König zu dienen. Aber ich habe so viele Fragen, die mir niemand beantworten kann.“
„Ich hätte Euch gerne mehr Zeit gegeben“, sagte Fürst Ludovik. „Aber Ihr seht ja, wie sich manchmal Unerwartetes ergibt. Ihr werdet mir zu anderer Gelegenheit gerne willkommen sein. Da wir jetzt wohl nur ein paar Minuten haben werden, bis der Regent und Herr Béarisean eintreffen, habe ich jemanden mit herein gebeten, der Euch auch weiterhelfen kann.“
Ildika fühlte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Finn betrachtete sie neugierig. „Eure Tochter?“ fragte er. „Ich hörte, dass sie mit Eurem Heer kam.“
„Sie sollte Euch Eure Fragen beantworten können“, sagte Ludovik mit einem Lächeln. „Halis hat in ihrem Alter angefangen, ganz Imreach zur Vernunft zu bekehren.“ Er stellte die beiden einander vor.

Ildika betrachtete Finn ebenfalls eingehend. Er sah nass aus. Das war das Einzige, dass ihr für das erste einfiel. Und bestimmt war er kein besserer Offizier als sie, so unbeholfen, wie er obendrein wirkte. „Ich gebe Euch gerne Auskunft“, sagte sie hilfsbereit.
Der Ratsvorsitzende, der alte Lord Estohar, und Donal von Tireolas trafen ein. Estohar warf ihr und Finn einen leicht missbilligenden Blick zu, wie ihr schien. „Ich sollte wohl nicht hier sein“, sagte Finn unruhig, der ihm mit den Augen folgte. „Vielleicht gehe ich besser sofort.“
„Es gibt keine Beratung, bevor der Regent hier ist“, meinte Ludovik ruhig. „Bleibt solange.“ Doch er kam nicht über ein paar Sätze mit dem jungen Saileaner hinaus, bevor es dann wirklich soweit war. Der Regent und Lord Béarisean trafen ein. Herr Ciaran sah nicht nass aus, stellte Ildika fest. Nun, natürlich war er nass. Er nahm seinen triefenden Umhang noch im Zelteingang von den Schultern, auch die Weste darunter war voller feuchter Flecken und das Haar klebte ihm auf der Stirn und an den Schläfen, aber es machte ihn nur noch besser aussehend. Zum Vergleich warf sie einen schnellen Seitenblick auf Finn. Es bestätigte den ersten Eindruck. Immerhin betrachtete der junge Saileaner den Regenten in etwa so hingerissen, wie sie selbst es gern getan hätte aber aus taktischen Gründen nicht tun konnte. Das machte ihn durchaus sympathisch. „Zeit zu gehen“, sagte sie und klopfte ihm leicht auf den Arm.
Finn riss sich mit sichtlicher Anstrengung von der Betrachtung des Regenten los, bedankte sich bei Fürst Ludovik und folgte Ildika durch den Regen unter das andere nahe Zeltdach. Dort war es inzwischen voller geworden, aber sie fanden eine Ecke, in der sie sprechen konnten, während Ildika auf das Ende der Beratung wartete. Finn sah sie ernst an. „Ich muss alles über Alandas und den König lernen“, sagte er. „Vielleicht komme ich ihm dann näher.“ Ildika musste nicht fragen, wen er meinte. Auch ihre Gedanken kreisten viel zu oft um den Regenten.

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Gegen Abend überquerten sie der Hauptstrecke von Raleigh her folgend die Grenze nach Roscrea. Arnim hatte unterwegs keine Zeit verloren. Eine kleine Gesandtschaft erwartete sie. „Lord Illaloe wird erst am nächsten Vormittag eintreffen können“, unterrichtete ihr Anführer Lord Lassalle. „Es gab unerwartete Schwierigkeiten im Norden, wegen derer er Befehle erteilen zunächst nach Dereigh musste, um alles in die Wege zu leiten.“

Arnim nickte. Ingal hatte mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen als er, wenn es um die Ausführung von Befehlen ging. In Roscrea gab es zu wenig geschulte Krieger. „Wie weit ist es noch?“ erkundigte er sich.
„Nur zwei Reitstunden. Das Lager ist schon gerichtet für Eure Ankunft.“
Sie erreichten den Treffpunkt innerhalb der angegebenen Zeit. Reginald schickte ein paar Späher aus, sah sich auffällig gründlich um, als sie dort waren. Es war eine sternenklare Nacht.
„Was ist?“ erkundigte Arnim sich. „Traust du der Gesandtschaft aus Roscrea nicht?“
„Wem ist schon zu trauen?“ entgegnete Reginald mürrisch und sah ihn vorwurfsvoll an. „Aber das ist es nicht. Mir schien, wir sind jetzt unweit der Stelle, an der Renad und Wilgos damals vor Ceannacht mit Dimail ihre Abgefeimtheiten ausbrüteten, ein Hütte im Wald. Und da Renad so spurlos verschwunden ist, wollte ich sicher gehen, ob er nicht an diesen alten Unterschlupf zurück ist.“
„Wie weit ist Ceannacht?“ wollte Arnim wissen. Er blickte nachdenklich in die Richtung, in der die ehemalige Festung liegen musste
„Wohl eine gute Stunde bis zum Fuß des Berges. – Was wirst du tun, wenn wir Renad hier antreffen?“
„Ihn vor Gericht stellen lassen“, antwortete Arnim kühl. „In Escaile.“
Reginald unterdrückte einen ärgerlichen Laut. Er hätte sich anderes gewünscht, aber es schien unklug, das zu zeigen.

Sie aßen mit Lord Ingals Abgesandten, als einer der Männer aus Rina mit der Nachricht zurückkam, die Reginald erhofft hatte. „Die Hütte ist nicht verlassen“, sagte er, sobald sie privat sprechen konnten, zu Arnim. „Sie sind zu fünft dort. Ich kann dich nicht zwingen mitzukommen, aber wenn ich allein reite, wirst du Renad wahrscheinlich nicht ganz wohlbehalten in Escaile sehen.“
Arnim lachte. „Keine Sorge. Ich hatte vor mitzukommen, falls das eintrifft.“
„Vorhin klang das nicht so.“
„Er bekommt seinen Prozess in Escaile, weitgehend unbeschadet. Du weißt das. Er nicht. Und ich wüßte gerne ein paar Dinge, die offensichtlich nur noch er erzählen kann, seitdem Wilgos tot ist.“ Arnim war nicht erpicht darauf zu hören, was er da erfahren würde, aber es war besser, die ganze Wahrheit zu kennen.
Er beschloss acht der Männer zurückzulassen. Es würde einen merkwürdigen Eindruck hinterlassen, wenn er noch einmal mit der ganzen Gruppe aufbrach. Er hinterließ dem Abgesandten aus Roscrea eine Botschaft, wohin er sich zu wenden beabsichtigte und brach sofort auf.

Es war nicht mehr lange vor Mitternacht, als sie das am Rand einer Lichtung stehende Blockhaus erreichten. Fünf Pferde standen in einer Umzäunung und grasten oder schliefen. Ihre eigenen Tiere hatten sie in angemessener Entfernung mit Wachen zurückgelassen.

„Keine Toten!“ befahl Arnim. Er beobachtete, wie der Wachtposten unschädlich gemacht und drei andere Schlafende überwältigt wurden. Es ging alles so gut wie lautlos.
„Zeit, dass der Herr von Glas Fhaile einen Alptraum hat“, bemerkte er dann ruhig zu Reginald. „Du und ich, das sollte ausreichen. Und drei Männer vor der Tür, für den Fall, dass sich jemand verzählt hat.“ Er konnte Reginalds Eifer fühlen, während er die Befehle gab. Eine ungestüme Begierde.
„Die Stunde der Entscheidung ist gekommen“, sagte der Kamerad mit Ingrimm, als sie leise über die verlassene Lichtung gingen. Es war mehr oder weniger zufällig, dass Arnim sich kurz vor der Tür umdrehte und im blassen Mondlicht den wilden Triumph auf Reginalds Gesicht sah. Ein zu heftiges Gefühl angesichts der Verachtung, die er stets für Renad gezeigt hatte. Er blieb stehen. „Die Stunde der Entscheidung?“ fragte er leise. „Bist du dir sicher, dass ich durch diese Tür gehen soll?“
„Was für Skrupel hast du jetzt schon wieder?“ fragte der andere gedämpft aber gereizt.
„Keine Skrupel“, antwortete Lassalle genau so leise. „Ich öffne diese Tür um unserer alten Freundschaft willen.“ Es gab viel, das er hätte hinzufügen können. Doch jetzt war nicht der Ort dafür. „Zieh dein Schwert“, sagte er nur. „Mir ist, als erwarte uns da drin nichts Gutes.“ Er selbst rührte seine Waffe nicht an.

Reginald lächelte, als er die Klinge vorsichtig blank zog. Arnim griff nach einer Fackel, die an der Wand stand, stieß sie in die Glut des Feuers, das früher am Abend gebrannt hatte, bis sie aufflammte und öffnete selbst die Tür. Die Hütte hatte nur einen Innenraum. Er war weitgehend leer. An der gegenüberliegenden Wand war die Umrahmung eines kleinen Kamins, an der Seite standen ein Tisch und ein paar Stühle. Es war wirklich Renad, der auf einem von ihnen dort im Dunkeln gesessen hatte. Seine schon immer scharfen Gesichtszüge waren noch prägnanter geworden und etwas wie Fieber brannte in seinen Augen. Seine Kleidung war abgenutzter, als es Arnim je an ihm gesehen hatte. Doch er war nicht allein. An dem Kamin stand ein anderer. „Es ist lange her“, sagte er.

Arnim griff nach seinem Schwert. Es war Instinkt nicht Überlegung. Der Verstand sagte ihm, dass er keine Gelegenheit bekommen würde, die Waffe einzusetzen. Es überraschte ihn auch nicht, dass Reginald ihm von hinten wortlos die Klinge an die Kehle legte. Nein, es überraschte ihn nicht. Dennoch schmerzte es. Er ließ das schon zum Teil entblößte Schwert los und es rutschte in seine Scheide zurück. Renad stand mit einem höhnischen Grinsen auf und nahm ihm die Fackel aus der Hand.

Arnim beachtete ihn nicht. „Ich hatte sehr gehofft, Euch niemals wiederzusehen, Fíanael“, sagte er ruhig.

Dann ignorierte er auch diesen. „Reginald“, sagte er. „Wenn du mich so sehr hasst, dass du mein Leben willst, dann nimm es.“

„Ich will nur, dass du zur Vernunft kommst“, knurrte Reginald in sein Ohr. „Offenbar braucht es dazu Gewalt!“

Renad nahm Lassalle auch den Schwertgürtel ab.

Draußen klang Kampflärm auf. „Du verrätst deine eigenen Männer?“ fragte Arnim leise.
„Manche von ihnen würden nicht einsehen wollen, dass das hier nötig ist“, raunzte Reginald. „Du darst keine Illusionen haben, vor welcher Wahl du jetzt stehst.“
Jemand hatte indessen ein Feuer im Kamin entzündet. Er begann, Lassalle die Hände auf den Rücken zu binden. Als er damit fertig war, nahm der Lord von Rina sein Schwert von Arnims Hals. Die Tür wurde geöffnet und ein paar weitere Männer traten ein. Arnim wandte sich um. Es waren vier, sie trugen das Schwarz Carraigs. Zwei von ihnen rempelten Renad und Reginald aus dem Weg und stießen Lassalle näher zu Fíanael hin.
„Du bist nicht mehr ganz so gut aussehend wie damals, Arnim“, bemerkte der Lord aus Winian, der ihn währenddessen nur kalt studiert hatte. „Ich weiß nicht, was der gute Reginald eigentlich zu verlieren fürchtete. Aber er will dich um wirklich jeden Preis zurück.“
„Er wird erkennen, dass Ihr ihm nicht geben könnt, was Ihr verspracht“, sagte Arnim ruhig. „Wie immer. Aus Eurem Mund kommen nur Lügen.“

Fíanael zeigte die Zähne in etwas, das einem Lächeln ähnelte. „Du scheinst dich oft zu täuschen. Hörte ich nicht, du wollest zu Alandas halten? Auf die Amnestie hin von jemand, der sich Regent nannte? Vielfach getäuscht bist du. Alandas hat den Regententitel einem anderen bestimmt. Der, den du kennst, wird scheitern oder sterben. Seine Worte werden leer bleiben. Warum sollte man ausgerechnet in Alandas dich akzeptieren wollen?“
„All das ist belanglos“, erklärte Arnim. „Selbst wäre es die Wahrheit. Ich diene dem König, weil ich so entschieden habe.“
„Du willst auf eine Illusion bauen“, spottete Fíanael.
„Ich missachtete das Angebot seines Boten vor Corrugh und glaubte Euch“, sagte Arnim. „Nun ist es anders herum.“
„Du missachtest mein Angebot?“ entgegnete Fíanael herablassend. „Tatsächlich, ich mache dir eines. So ist mein Abkommen mit dem Lord von Rina. Du magst Fürst von Eannas werden oder bleiben; als Führer scheinst du weitaus fähiger als Gearaid. Aber du schwörst meinem Fürsten Gefolgschaft und brichst die Verträge mit Ruandor und Roscrea.“
„Nach soviel Eidbrüchen – warum sollte ich den an Euch halten?“ erkundigte sich Arnim amüsiert.
„Niemand bricht Verträge mit Winian“, sagte Fíanael. „Niemand. Die Folgen sind zu schrecklich.“
„Ich habe ohnehin nicht vor, es zu erproben“, sagte Arnim. „Mein Wort ist gegeben und wird nicht gebrochen.“
„Du unterschätzt den Ernst deiner Lage“, bemerkte der winianische Lord. „Es ist an der Zeit, ihn dir anschaulich zu machen.“ Die beiden Winianer hinter Lassalle zwangen ihn hart auf die Knie. Fíanael zog langsam sein Schwert und schlug dem Lord mit der flachen Klinge über das Gesicht. Die scharfen Kanten hinterließen blutige Spuren.

„Genug!“ rief Reginald. „Ihr sagtet, er werde nicht zu Schaden kommen!“
„Falls er kooperiert“, bestätigte Fíanael. „Nun, wie steht es damit, Lassalle?“
„Gib nach, Arnim“, drängte Reginald von der Seite. „Du kannst alles haben, Macht, Reichtum, Einfluss, das Wohlwollen des Fürsten, Eannnas, unsere Freundschaft wird sein wie früher ...“
„... oder den Tod, nachdem wir uns eingehender unterhalten haben“, schnitt Fíanael ab. „Ich persönlich zöge diese Lösung vor. Die erste Frage, deren Beantwortung ich wünsche, wird sein, wer dieser alandische Bote vor Corrugh war.“
„Arnim!“ drängte Reginald wieder. „Gib ihm die Kleinigkeiten, die er will. Was verlierst du schon dabei? Dieser Ciaran hat dich längst vergessen. Abhaileon wird bald Fürst Barraid gehören. Was willst du auf der Seite der Verlierer? Was gibt es dort schon?“
„Das Licht“, sagte Arnim. „Ich kann es sehen und werde es nie wieder verlassen.“
„Von was redest du?“ brüllte Reginald und schüttelte ihn. „Das kann noch kein Wundfieber sein! Gib ihm den Eid, den er will, und wir können gehen!“
„Regi“, Arnim bemühte sich seine Stimme sanft zu machen. Es war so gut wie unmöglich nach Jahrzehnten ohne Übung. Sie klang nur rau. „Ich weiß, du siehst es nicht. Aber mein letztes Gebet wird sein, dass du es auch erkennst. Und sorge dich nicht über meinen Tod – er ist mehr als verdient in all den Jahren.“

„Genug“, rief Fíanael hart. „Widerrufe, und dir soll gehören, was ich anbot. Ansonsten bezahlst du den vollen Preis für deine Rebellion gegen uns!“
„Ich gehöre dem König“, erklärte Arnim.
„Fangt an!“ befahl Fíanael.
„Nein!“ schrie Reginald auf. Er griff nach seinem Schwert. Renad und einer der anderen fielen ihm in den Arm. Als er seine Gegenwehr nicht aufgeben wollte, fesselten sie ihn.
„Achtet darauf, dem Lord von Rina nicht die Sicht zu rauben“, war alles, was Fíanael anmerkte, als sie sich auch Lassalle zuwenden wollten. Es war kurz vor Mitternacht.

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