Die Sonne stand schon tief im Westen, als er sich beruhigen konnte. Das Licht zwischen den Bäumen nahm schon die Färbung des Abends an. Der heftigste Schmerz war endlich vergangen. Zurück blieb nur eine große Leere in seinem Herzen. Jetzt war er wieder bereit, sich in sein Schicksal zu fügen. Er ging zum Weiher und wusch sich das Gesicht. Sein Pferd graste nicht weit vom Wasser. Ciaran schaute auf den Sonnenstand; bei Tageslicht würde er wohl nicht mehr zurück in die Hauptstadt kommen können. Er wusste nicht einmal genau, wo er überhaupt war. Irgendwo östlich der Stadt. Hatte er Pech, würde er am nächsten Morgen zu spät zum Dienst erscheinen und eine Erklärung dafür liefern müssen. Nur das nicht! Wie sollte er erklären, was er hier im Wald getan hatte? Und Nachlässigkeit im Dienst galt fast als Todsünde bei Estohars Offizieren.
Aus welcher Richtung war er eigentlich gekommen und wie lange war er unterwegs gewesen? In seinem Schmerz hatte er auf nichts mehr geachtet. Er führte sein Pferd zum Waldrand, um im weichen Torfboden dort nach seinen eigenen Spuren zu suchen. Kaum hatte er die Deckung der Bäume erreicht, als sich aus einer anderen Richtung Hufschlag näherte.
Wer konnte das sein hier mitten im Wald? Der Braune war darauf abgerichtet, nicht zu schnauben oder zu wiehern, wenn er ihm die Hand auf die Nüstern legte. Behutsam führte er ihn noch etwas weiter zwischen die Bäume. Die unbekannten Reiter erreichten jetzt die Lichtung. Eines der Pferde, das die Witterung von Ciarans Braunem aufgenommen hatte, wieherte freudig. Doch das brave Tier antwortete nicht.
„Ich sagte dir doch, dass sie Durst haben, nach diesem Tagesritt“, sagte jemand. „Siehst du, wie sie sich freuen. Die armen Viecher haben sich die kleine Pause wirklich verdient.“
„Du hast Recht. Ob Restac eine halbe Stunde länger oder kürzer warten muss, macht den Kohl auch nicht fett“, sagte ein anderer.
Drei Reiter ritten an den einsamen Weiher mitten in den Wäldern heran. Der Name Restac traf Ciaran wie ein Blitzschlag. So hieß doch dieser Räuberhauptmann, der angeblich die Mehrzahl der Banditen unter sich vereinigt hatte. Der, den der Rat im nächsten Frühjahr oder Sommer aufspüren lassen wollte und über dessen genauen Aufenthaltsort niemand Bescheid wusste. Im Nu fiel die Niedergeschlagenheit von Ciaran ab. Das hier war ein Geschenk des Himmels, und diese Gelegenheit würde er nicht verspielen! Er würde diese drei Banditen nicht mehr aus den Augen lassen. Ihnen unauffällig zu folgen, würde zwar nicht möglich sein, doch er konnte mit ihnen reiten.
Ja, der Gedanke war gut! Der Hauptmann der Palastgarde würde den Gesetzesbrecher spielen. Hatten nicht Estohar und die anderen oft genug gestöhnt, dass sein ganzes Benehmen mehr zu einem Rebellen als für einen Soldaten im Dienst der Regierung passe? Er zog sein Halstuch aus der Tasche und funktionierte es als Stirnband um, wohl bedacht, dass die widerspenstige schwarze Locke, die ihm immer wieder ungewollt in die Stirn fiel, nicht darunter gefangen wurde. Seine Freunde behaupteten immer, in dieser Aufmachung sehe er besonders verwegen aus.
Leise führte er sein Pferd noch ein Stück in den Wald hinein. Nun kam es ihm zugute, dass der arme Braune immer noch müde und erschöpft aussah. In geeigneter Entfernung wendete er das Pferd und preschte zurück zur Lichtung. Als er auf die freie Fläche hinausjagte, erblickte er die drei fremden Reiter, die gerade wieder auf ihre Pferde steigen wollten. Als sei er überrascht und erschreckt, hier jemanden anzutreffen, zog er die Zügel so heftig an, dass sich der Braune wild aufbäumte. Die drei Räuber reagierten wie erhofft. Sie hatten ihn im Nu mit drohend erhobenen Waffen umringt. Ciaran zog mit einer geübten Bewegung sein Schwert. Wütend funkelte er sie an: „Gehört ihr auch zu den Schergen dieses Padraigs?“ rief er. „Dann kommt nur her. Ich werde mein Leben teuer verkaufen.“
Der Anführer der drei Räuber, ein untersetzter Mann, musterte ihn misstrauisch. Er war der älteste der drei. In seinen braunen Haaren und dem dichten Bart waren schon viele weiße Strähnen zu sehen. Dieser einzelne Reiter würde kein leichter Gegner sein, erkannte er. Zudem war es fraglich, ob er irgendeine lohnende Beute mit sich trug. Dafür verrieten seine Bewegungen und seine Haltung, dass es sich hier um einen geübten Kämpfer handelte. Sie konnten noch ein paar fähige Krieger gebrauchen bei ihren Unternehmungen, und dieser junge Mann schien in irgendwelche Schwierigkeiten mit dem Gesetz oder seinem Landesherrn geraten zu sein. Was machte er sonst auf einem abgehetzten Pferd so tief im Wald? Er winkte seinen Leuten zu, die Waffen zu senken, und tat das gleiche.
„Ich habe keine Ahnung, welcher Padraig dir an den Kragen will“, sagte er langsam. „Wir kennen ihn nicht. Aber du verstehst, dass jeder, der durch diesen Wald reitet, große Vorsicht walten lassen muss. Es könnte sein, dass du ein Spion einer der Räuberbanden bist und uns drei harmlose Reisende in eine Falle locken sollst. Weise dich aus, damit wir friedlichen Handelsleute beruhigt unseren Weg fortsetzen können.“
Ciaran musterte sie einen Augenblick lang misstrauisch und überlegend. Dann lachte er auf: „Noch gehöre ich nicht zu den Räubern. Aber mir wird wohl auf die Dauer keine andere Wahl bleiben, als mich solchen Leuten anzuschließen. In der Hauptstadt haben sie einen Preis auf meinen Kopf ausgesetzt, nur weil ich im Ehrenhandel mit einem hochwohlgeborenen Lord der Sieger geblieben bin. Das Recht gilt eben nicht für alle gleich. Besonders schwierig wird es dann noch, wenn man nicht zu Estohars Freunden zählt.“
„Warum erzählst du uns das? Wir könnten dich genauso gut deinen Verfolgern ausliefern“, sagte der Räuber.
„Das bezweifle ich sehr“, erklärte Ciaran ruhig. Er betrachtete sie mit ein wenig Spott im Blick. „Auch wenn ich euch in meiner ersten Überraschung für einen Trupp meiner Verfolger hielt. Jetzt sehe ich klarer. Wer sollte hier sonst unterwegs sein als Leute, die sich ihr Recht nach ihren eigenen Regeln sprechen müssen und daher das offizielle Recht zu fürchten haben. Wenn ihr Handelsleute wärt, wo sind eure Waren?“
„Sieh an“, sagte der Anführer, „wir haben es mit einem klugen jungen Herrn zu tun. Aber da du uns so gut durchschaust, wird es für uns gefährlich sein, dich einfach so laufen zu lassen.“
„In dieser Hinsicht komme ich euch gerne entgegen. Ich wäre bereit, freiwillig mit euch zu kommen“, sagte Ciaran. „Ich würde sagen, wir haben zumindest ein gemeinsames Interesse: nämlich den Soldaten, die hinter mir her sind, aus dem Weg zu gehen. Ihr gewinnt in mir für den Fall eines Zusammenstoßes einen geübten Kämpfer dazu, und ich finde fürs erste einen Unterschlupf und Kameraden. Andernfalls - mein Schwert ist gefürchtet.“
Der Anführer zog die Brauen hoch angesichts dieser selbstbewussten Behauptungen: „Fürs erste, sagst du. Und was dann, wenn ich so unhöflich nach deinen weiteren Plänen fragen darf?“
Ciaran zögerte. Dann sagte er: „Nun, ich möchte nicht allzu laut davon reden, doch nehme ich an, dass Leute, wie ihr es seid, mir auch damit weiterhelfen können. Ich überlege, weiter in den Südosten zu reiten um mich den Leuten eines Anführers namens Restac anzuschließen. Vielleicht wisst ihr, wo ich ihn finden kann.“
Der Anführer der drei Reiter blickte misstrauisch. „Zu Restac willst du. Niemand außer seinen eigenen Leuten weiß, wo sein Hauptquartier liegt.“
„Dann werde ich eben suchen“, erklärte Ciaran. „Erlaubt mir nur, mich euch fürs erste anzuschließen.“
„Darüber mag unser Hauptmann entscheiden“, sagte der Sprecher der Räuber und verwahrte sein Schwert in der Scheide. „Einstweilen magst du mit uns kommen. Doch hüte dich, uns verraten zu wollen. Sollte es sich herausstellen, dass du ein Spion bist, wirst du es teuer bezahlen.“
Ciaran lachte bitter auf. „Unter diesen Umständen habe ich nichts zu befürchten. Wohin reiten wir?“
Der Räuber setzte ein diplomatisches Lächeln auf. „Das wirst du noch früh genug erfahren. Nicht nur Restac verrät ungern, wo ihn Soldaten finden können“, sagte er.
Sie ritten lange in die Nacht hinein. Die Banditen schienen sich in diesem Teil der Wälder ausgezeichnet auszukennen. Ciaran blieb stets auf der Hut vor einer plötzlichen Attacke. So ganz mochte er nicht glauben, so schnell akzeptiert worden zu sein. Doch niemand kümmerte sich weiter um ihn. Schließlich schimmerte vor ihnen in der Dunkelheit ein flackernder Lichtschein auf, der von einem Lagerfeuer stammen mochte. Noch bevor sie das Feuer erreichen konnten, wurden sie angehalten.
„Wer da?“ rief eine Stimme. Die Reiter brachten ihre Pferde zum Stehen.
„Kameraden“, antwortete ihr Anführer. „Ich bin es. Diriac.“
„Wer ist der vierte? Ihr wart zu dritt, als ihr los rittet.“ Eine Gestalt trat aus dem Dunkeln zu ihnen heran.
„Ein Neuer - möglicherweise. Das steht im Ermessen des Hauptmannes. Wo kann ich ihn finden?“
„Er ist nicht mehr im Lager. Ihr habt euch zuviel Zeit gelassen mit eurer Rückkehr. Was habt ihr getrieben?“
„Das was wir zu tun hatten, Hal. Wir wurden auf dem Rückweg durch eine Soldatenstreife aufgehalten. Sie schienen jemanden zu suchen.“ Er warf Ciaran einen flüchtigen Blick zu. Der atmete erleichtert auf. Das war wirklich ein glückliches Zusammentreffen, dass seine Behauptungen so unerwarteten Rückhalt fanden. Damit war seine Geschichte glaubwürdiger und unter diesen Bedingungen brauchte er nicht mehr ganz so vorsichtig zu sein. Während der Nachtruhe hielt er zwar sein Schwert vorsichtig griffbereit, riskierte es aber zu schlafen. Schließlich, sagte er sich, hätte er in diesem großen Lager sowieso kaum eine Chance gehabt, hätten ihm die Banditen an den Kragen gewollt.
Am nächsten Morgen ging der Ritt weiter. Ciaran wunderte sich im Stillen, dass er mitgenommen wurde. Dieser Diriac schien irgendwelche wichtigen Nachrichten für seinen Hauptmann zu haben. Der Weg, insofern der Querfeldeinritt mit Weg bezeichnet werden konnte, führte sie weiter nach Südosten. Genau die Richtung, in die zu reiten er angegeben hatte. Sie hielten sich weit abseits aller Siedlungen. Viele davon gab es ohnehin nicht in diesem Teil des Landes. Nach der ersten Übernachtung richtete sich Ciaran auf eine längere Reise ein. Während des ersten Tages wurde zwischen ihm und seinen Reisegefährten kaum ein Wort gewechselt. Alle begnügten sich damit, sich gegenseitig vorsichtig zu beäugen.
So blieb Ciaran viel Zeit darüber nachzudenken, welche Reaktionen sein Verschwinden wohl in Croinathír ausgelöst haben mochte. Neill machte sich sicher große Sorgen. Auch Estohar würde besorgt und zugleich zornig sein. Aber hätte er die Räuber einfach weiter reiten lassen sollen, diese Chance, den Schlupfwinkel Restacs zu finden, verspielend? Nein, die in der Hauptstadt sollten sehen, dass er durchaus fähig war, etwas Gutes zustande zu bringen. Jeder vernünftige Mensch musste zugeben, dass er gar nicht anders hatte handeln können.
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“Die Zeit ist gekommen, dass ihr aufbrecht”, sagte Ríochan. Sie ritten gerade wieder am frühen Abend zurück nach Bailodia. “Ich habe es hinausgezögert, solange es möglich war. Und jetzt wird Eile vonnöten sein. Norin wird mit Euch morgen noch vor Tagesanbruch zu einem Pass weiter im Osten aufbrechen. Ihr solltet ihn am späten Nachmittag erreichen mit den Pferden, die ich euch gebe. Aber von dort müsst ihr zu Fuß weiter. Ihr müsst bis zum Abend des sechsten Tages das westliche Ende des Uibhnefenns erreichen. Dort werdet ihr auf Dorban stoßen. Ihr dürft auf keinen Fall zu spät kommen.”
Béarisean nickte. “An Kondition sollte es uns ja nicht mangeln nach den letzten drei Wochen”, sagte er.
Robin sah verloren aus, aber er sagte nichts, bis sie den Palast erreicht hatten. “Wann sehe ich dich zum letzten Mal vor der Abreise, Ríochan”, fragte er, als sie von den Pferden absaßen. “Jetzt?”
Der Fürst von Alandas blickte ihn eine Weile schweigend an. “Reite Hibhgawl bis zur Grenze”, sagte er dann, “und nimm diesen Abschied dort. - Aber wenn du mich in Erinnerung behalten willst, komm mit mir.” Er schloss mit einer Handbewegung auch Rodil und Béarisean mit ein. “Kommt mit mir!”
Er ging mit ihnen zur Säulenhalle. Sie traten ein. Es war jetzt dunkler darin als damals am Morgen, aber noch immer waren bunte Lichtbahnen auszumachen. Neben der Tür stand ein Tisch. Ríochan nahm seinen Mantel, sein Schwert und seinen Harnisch ab und legte sie darauf, dann wandte er sich zuerst Béarisean zu: “Du trägst die Farben von Alandas. Geh und handle in meinem Namen, Ritter von Sliabh Eoghaí. Mein Segen geht mit dir.” Béarisean legte die Hand aufs Herz und verbeugte sich stumm.
Dann wandte der Fürst von Alandas sich Robin zu, aber sprach sie beide an: “Wenn ihr Alandas verlasst, wird vieles, was hier geschehen ist, verblassen. So wie auch Abhaileon mich schon oft vergessen hat. Geht heute, wenn ihr wisst, dass es Zeit für euch ist, denn ihr müsst selbst entscheiden. Ich werde hier bleiben, auch morgen, wenn ihr reitet. Wenn alles andere nicht mehr ist, erinnert euch so an mich.” Er umarmte Robin und ging zu dem Alkan im Süden, wo er niederkniete. Licht war um ihn mitten in all dem Dunkel.
Robin blickte auf Rodil und zögerte. “Wir sehen uns morgen noch”, sagte dieser leise, dann ließ er sie allein. Robin hätte nicht sagen können, ob er den Raum verlassen hatte oder nicht. Aber er blickte auf Ríochan, und lange konnte er die Augen nicht abwenden. Als er auf sein Zimmer ging, schlief Béarisean schon lange.
Wie Rodil versprochen hatte, wartete er am nächsten Morgen auf sie, als sie losreiten wollten. “Wir können ein Stück weit gemeinsam unterwegs sein”, meinte er. “Ich werde euch verlassen, kurz bevor ihr die Grenze erreicht.
“Wie gut bin ich wirklich geworden im Kampf?”, erkundigte sich Robin noch zu Beginn des Rittes.
“Du hast jetzt eine gute Chance”, sagte Rodil, “mehr kann niemand sagen.“
„Es ist seltsam“, sagte Robin nach einer Weile, die sie im Schweigen zurücklegten. „Ich werde dich genauso vermissen wie Ríochan, aber ich kann nicht glauben, dass wir uns schon so bald trennen müssen.“
Béarisean nickte: „Vielleicht, weil es offensichtlich ist, dass uns der Fürst von Alandas unmöglich begleiten wird, aber du bist so sehr Teil von uns geworden, als wärest du der dritte Ritter.“
Rodil lachte. „Ich versichere euch, ich bin es nicht.“ Leicht wechselte er das Thema. Aber Robin konnte sich für nichts interessieren. Er ließ sich etwas zurückfallen, wollte nur den Rappen unter sich spüren. Die anderen begriffen das. Auch Béarisean wollte nicht viel reden. Die vergangenen Tage hatten ihm nicht viel Zeit zum Nachdenken gelassen, und jetzt an Rodils Seite überdachte er noch einmal das Gespräch, das sie über Freundschaft und Verlust geführt hatten.
Der Abschied von Rodil war leicht und schnell. Sie waren bereits in einem Tal, das nach Süden in die Berge schnitt. Er umarmte sie beide der Reihe nach, sagte jedem von ihnen ein paar leise Worte und war sehr schnell außer Blickweite, während sie ihm nachschauten. Norin ließ sie nicht zu lange halten.
Der Übergang, den sie bald darauf erreichten lag am Ende eines etwas steileren Anstiegs. Auf der anderen Seite fiel das Gelände wieder ab. Vor ihnen lag lichter Bergwald unter dem Sonnenhimmel von Alandas. Aber weiter im Süden schienen dichte Wolken heranzuziehen. Alles lag unter Schatten dort.
Robin studierte das Gelände mit gerunzelter Stirn. „Ein zerklüftetes Hügelland“, bemerkte er. „Gibt es einen festen Weg hindurch?“
„So weit im Osten gibt es kaum feste Wege“, antwortete Norin, „und hierher kommt eigentlich nie jemand. Wir sind hier etwa drei Tagesritte östlich des Uibhnetals. Drei Ritte, wenn es ebenes Gelände wäre. Ihr werdet selbst einen Weg suchen müssen.“
„Ríochan forderte uns auf, keine Zeit zu verlieren“, bemerkte Béarisean, der schon vom Pferd gestiegen war.
Robin nickte. Er stieg ab und lud sich sein Gepäck auf. Viel war es nicht. Es blieb nichts mehr zu sagen. Er streichelte ein letztes Mal den Hals des Rappen, flüsterte: „Ich weiß, dass du mich jederzeit finden kannst, und ich werde auf dich warten.“ Dann wünschte er Norin Lebewohl und ging los.“ Als er sich fünf Minuten später zum ersten Mal umdrehte, war schon niemand mehr oben auf dem Pass zu sehen.
Die Wolken zogen sich immer dichter über ihnen zusammen. Ungefähr zu dem Zeitpunkt, als sie in dichteren Wald weiter unten kamen, fielen die ersten Tropfen. Zunächst wirkten die dichten Zweige über ihnen noch als Schutz. Selbst am Abend konnten sie noch ein trockenes Lager aus dicht verfilzten Zweigen und einem Felsüberhang finden. Doch auch am nächsten Morgen war der Himmel bleigrau und der Regen fiel in stetigen Bindfäden. Bis zum Mittag waren sie nass bis auf die Haut. Die Mäntel wurden schwerer, als sich auch das Leder allmählich mit Wasser vollsog. Es war nicht kalt. Aber die Schwüle, die aus dem Boden aufdampfte war auch nicht angenehm. Erst gegen Abend kam kühlerer Wind auf, vor dem sie Schutz suchen mussten. Wenigstens dabei kam ihnen das zerklüftete Bergland zu Hilfe, das sie jetzt bereits durchquerten. Andererseits war es nicht einfach, einen Platz zu finden, der sowohl einigermaßen eben als auch windgeschützt und halbwegs aus dem Regen war. Alandas schien schon jetzt sehr weit weg. Keiner der beiden sprach darüber, obwohl sie es gleichermaßen fühlten. Nur manchmal griffen sie sich vergewissernd an ihre Schwerter oder Panzer.
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